Liebes Tagebuch!
Heute ist Montag der 22. Juni und ich kann von Glück reden, das ich die letzte Nacht überstanden hab. Ich hatte die schlimmsten Schmerzen die ich jemals hatte. Wo? Na im Arm, wo denn auch sonst. Dieser blöde Arm. Er ist zu einem Albtraum geworden. Er ist gefühlte 10 Kilo schwer. Der Oberarm ist dicker als meine Unterschenkel
Ich bekam innerhalb von drei Stunden viermal Morphium extra und zweimal Dormikum extra, erst vier Stunden später konnte ich etwas schlafen, dann ging die Sonne auf und die Nacht war vorbei. Am Morgen ging es mit Schmerzen weiter. Meine Tagesdosis wirkt nun nicht mehr so, wie sie sollte. Also wurden die Ärztinnen informiert. Ich wartete auf eine Lösung von ihrer Seite. Den ganzen Tag hab ich also Angst gehabt, nochmal solche Schmerzen zu bekommen
sogar weinen musste ich vor Angst. Dann schrieb ich aus Verzweiflung meinem Priester, das er dem Apostel bescheid sagen soll. Das tat er. Daraufhin betete der Apostel. Er betete das der liebe Gott jemanden schicken möge, der in mein Zimmer kommt und mich beruhigt. Daraufhin kam eine Schwester vom Palliativ Team und sie berichtete mir, das ich nun alle zwei Stunden Dormikum bekommen könnte und wir dann schauen, ob es damit dann besser geht. Das beruhigte mich erstmal. Dann klingelte mein Handy. Eine Nummer die ich nicht kannte und ich überlegte, ob ich wirklich dran gehen sollte. Gott sei dank ging ich dran. Es war der Apostel. Aufgeregt und voller Ehrfurcht hörte ich ihm zu. Er sagte, das er gebetet hätte, das jemand zu mir kommt um mich zu beruhigen. Und schon hatten wir den lieben Gott erlebt. Er sagte mir auch, das er in Stuttgart ist, mit einigen Aposteln und sie später nochmal zusammen für mich und auch für die vielen Menschen, denen es genauso geht, beten würde. Und das beruhigt mich jetzt. Außerdem beruhigt mich auch die Anwesenheit meines Ex-Partners, der Vater meiner Kinder. Er übernachtet jede Nacht hier, damit ich nicht alleine bin. Auch für ihn ist die Situation schwer und trotzdem, würde er mich hier nie alleine lassen. Mittlerweile sind wir gute Freunde geworden. Wir kennen uns in und auswendig, schließlich waren wir elf Jahre unseres Lebens zusammen und haben zwei Kinder zusammen. Es ist ein gutes Gefühl ihn an meiner Seite zu wissen. Zu wissen, das wenn etwas in der Nacht ist, dann hätte ich seine Hand.... Liebes Tagebuch! Heute ist Dienstag der 23. Juni. Heute morgen hatte ich nach langer Zeit mal wieder Lymphdrainage und danach war wieder Verbandswechsel. Danach wachte ich auf und hatte wahnsinnige Rückenschmerzen vom vielen liegen. Den ganzen Tag quälte ich mich mit diesenRückenschmerzen rum, bis mir einfiel mal die Beine hoch zu legen. Nun lieg ich hier, die Beine auf meinem Stillkissen und schreibe Tagebuch. Die Schmerzen sind noch nicht wirklich im Griff, aber das werden sie wohl nie so richtig sein. Für heute sagte ich alle Besuche ab. Ich brauchte heute Zeit für mich allein, denn diese Schmerzen und diese Situation machen einen fertig. Besonders wenn ich weiß, das es meinem Sohn nicht gut geht. Ich weiß das er leidet, deshalb leide ich auch. Es macht mich nicht nur traurig, sondern auch wütend. Ich brachte ihn nach 16 Stunden Wehen auf die Welt, bis zu seinem ersten Lebensjahr war er oft krank und deshalb war er die meiste Zeit auf meinem Arm, oder auf dem Arm seiner Moma oder Tante. Jeden Tag waren wir mit Moma und Tante Tina zusammen, denn wir wohnten in einem Haus. Zusätzlich hatten meine Mutter und ich ein Tageskind, die Mona. Sie kam zwei Jahre zu uns. Danach ging Julién in den Kindergarten und Jaque kam zur Welt. Julién liebte seinen kleinen Bruder von Anfang an. Nie war er eifersüchtig. Es folgten die schönsten Jahre. Es war herrlich. In dieser Zeit lebte auch mein Papa bei uns. Wir hatten den Keller als Wohnung mit eigenem Eingang umgebaut, damit wir ihn dort pflegen konnten. Es gab immer viel zutun. Holz spalten und stapeln, Hecke schneiden, Essen kochen, einkaufen, Rasen mähen, putzen, waschen etc. Und trotzdem, ich war nicht glücklich. Ich vermisste meinen Partner, den Vater meiner Kinder. Er war selbstständig und arbeitete rund um die Uhr. Nur Sonntags kam er anstatt am Abend, schon am Nachmittag heim. Ich hoffte immer, das er mehr nach hause kommen würde. Und 2009, ich war 28 Jahre alt, Jaque war zwei und Julién war sechs Jahre alt, entdeckte ich beim Duschen einen kleinen Knoten in meiner Brust. Sofort dachte ich: Jetzt bist Du dran. Denn meine Oma hatte Brustkrebs und auch meine Uroma hatte es. Ich ging zu der Frauenärztin meiner Oma. Sie sagte: die Oberfläche sieht komisch aus, aber wie alt sind sie? "28" nein, dann ist das nichts, aber da sie Angst haben und es in ihrer Familie ist, schicke ich sie zur Mammografie. Also hatte ich im Haaner Krankenhaus einen Termin zur Mammografie. Sie punktierten die " Zyste" und auch sie sagten genau das gleiche wie die Ärztin. Ich glaubte und vertraute darauf. Also konnte der Krebs nun wachsen
Als ein halbes Jahr rum war, ich natürlich ständig bei der Ärztin war, sie öfters punktierte, war die sogenannte Zyste 5 cm groß. Ich konnte den linken Arm schlechter bewegen und die Ärztin wußte nicht mehr weiter. Endlich schickte sie mich ins Brustzentrum. Sie stanzten und drei Tage später war klar, das ich Brustkrebs hatte und er schon in die Lymphknoten gestreut hatte. Ich wußte, nun würde ich von meinem Partner mehr beachtet werden und er würde mehr zuhause sein, deshalb freute ich mich. Denn ich dachte zu keinem Zeitpunkt, das ich sterben könnte. Ich war mir sicher, das ich den Krebs besiegen würde. Es war Anfang Mai 2010 als ich das erste Mal operiert wurde, ich bekam einen Port.