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sandibalandi.de.tl - Tagebuch 46
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29.01.2013
Moin Moin Ihr Lieben!
Ich werde heute das erste Mal mit meinem "neuen" einkaufen fahren ))))) Ich freu mich soooo dolle. Und wisst ihr was ich heute geträumt hab? Das ich mit der alten Schrottkarre in einen Graben geflogen wäre und Julién bewusstlos war HORROR!!! Das nenne ich mal Timing Gott sei dank nur ein Alptraum, und die Wirklichkeit ist: Das wundervolle Menschen es möglich machten, das ich ein wunderbares und zuverlässiges Auto fahren darf. Nochmals tausend Dank :* Ich drück Euch ganz doll.
30.01.2013
Liebes Tagebuch!
Jeden Tag hab ich nen Mega-Grinsen im Gesicht. Ich darf ein Auto fahren. Und ich höre dabei nichts, einfach nichts... sonst quietschte der Keilriemen, der Auspuff klapperte und er nahm kein Gas mehr an, nicht alle konnten sich anschnallen, die Heizung war teilweise kaputt, die Achse drohte zu brechen etc. Jetzt ist es wie ein Traum. Ihr habt mir so eine riesen Freude gemacht und eine riesen Sorge von meinen Schultern genommen. Immerwieder TAUSEND DANK :*
31.01.2013 - 5.00Uhr
Liebes Tagebuch!
Ooooch... lang lang ist‘s her das ich in der Nacht, bzw. am frühen Morgen, geschrieben habe...
Meine Seite lässt sich leider nicht öffnen und deshalb schreibe ich das erste Mal im Zeichenprogramm. Komisch, anders, aber egal - Hauptsache ich kann
schreiben
Ich wurde schweiß gebadet wach (3Uhr) und konnte nicht mehr einschlafen. Also was machte ich? Da die Kinder eh zu mir rübergewandert sind, ging ich
ins Kinderzimmer und fing an etwas aufzuräumen. Ich machte mir etwas Musik an und war völlig entspannt. Dann dachte ich um 4Uhr, nach einer Stunde
aufräumen, das ich doch versuchen sollte, noch etwas zu schlafen... tja, vergeblich... Dann stand ich einfach wieder auf und räumte weiter auf. Doch dann
bemerkte ich immer wieder, wie mir schwindelig wurde... Also legte ich mich wieder hin und starrte an die Decke. Mir schossen tausend Gedanken durch den
Kopf und mir wurde klar, das ich gar nicht abschalten kann. Die Gedanken kreisen immer wieder um diesen scheiß Krebs, um diese Chemotherapie, um die letzten
Therapien, die Nebenwirkungen, um die Patienten, um die Geschichten die man im Krankenhaus hört, die Tränen die man sieht... und um die, die es nicht schafften.
Leider denke ich in letzter Zeit viel an eine liebe Freundin. Auch sie war mal mit mir in Therapie. Auch sie hat Metastasen. Und nun ist sie an einem Punkt angekommen,
wo keine Therapie, keine Chemo mehr anschlägt. Sie ist erschöpft von dem ganzen Gift. Sie merkt nun wie die Metastasen ihr in der Lunge zu schaffen machen.
Oh Gott. Ich sitze hier und schreibe über meine liebe Freundin, die........... ja, die sich langsam vom Leben verabschiedet. Die es akzeptiert hat, das nichts mehr hilft.
Ich hätte nicht gedacht, das sie einmal an diesem Punkt ankommt :‘( und ich will das auch nicht denken, nicht dran glauben. Doch manchmal muss man akzeptieren.
Das heißt nicht das sie aufgibt. Es heißt nicht das sie nicht bis zum Ende kämpft. Doch es heißt, sie akzeptiert es und nimmt es an. So wie wir alle unser Schicksal
annehmen müssen. Was bringt es denn auch, drüber zu jammern oder zu meckern. Es ist eben wie es ist. Doch dann denke ich, wie lange werde ich das noch aushalten?
Wie lange wirken die Medikamente, das Gift? Doch dann schaue ich zurück und sehe, was ich bis jetzt geschafft habe. Niemals hätte ich nach der Ersterkrankung
von 2010 gedacht, das es nach ein paar Monaten so aussieht, das sie mir sagen, das ich nicht mehr lange zu leben habe und meine Lunge voller Metastasen wäre...
Ich dachte ich muss ihn nur einmal besiegen und dann war es das. Doch ich schaffte es, das die Lunge wieder so aussieht, wie bei einem gesunden Menschen. Nix dran
Also wurde ja schon das „Unmögliche“ möglich, oder? Zumindest haben viele nicht dran geglaubt das ich 2013 noch lebe... Deshalb genieße ich jeden Tag. Jeden
Moment mit meinen Kindern, denn ich sehe, wie schnell das Leben vorbei sein kann... Auch wenn man vitale, sportliche Typen sieht, wo man denkt „wow, der wird sicherlich
90 Jahre alt werden “ - doch dann hört man „Herzinfakt“ + „Tod“ ....
Gestern fuhr ich das erste Mal mit meinem „neuen“ Auto auf der Autobahn. Meine Familie war bei mir. Es regnete stark und wir redeten und machten Witze. Dann fielen
mir Bilder aus den Nachrichten ein. Bilder von einem Falschfahrer. Ich sagte zu den anderen: Nun stellt euch mal vor, es kommt uns ein Falschfahrer entgegen...
Plötzlich herschte einen Moment lang Ruhe.
Solche Dinge schiessen mir ständig durch den Kopf, weil mein Leben immer so stark mit dem Tod verbunden ist. Ob ich das nun will oder nicht. Wenn man krank ist,
denkt man viel mehr über Leben und Tod nach. Man sieht alles anders. Das was fehlt ist diese Unbeschwertheit. Sie ist auf einmal weg! Man ist gefangen in Gedanken.
Es ist als würden deine Augen ausgetauscht. Alte Augen raus, Neue rein! So wie als würde man plötzlich ein anderer Mensch werden.... In manchen Filmen, Vampir-Filmen,
sieht man, das wenn der Mensch gebissen wird, sich umwandelt in dieses unsterbliche Wesen, dann sehen die Augen plötzlich anders. Ich würde es genauso beschreiben.
Die Welt sieht anders aus. Sie dreht sich plötzlich anders... Du bist dann Anders! Und man blickt immer wieder auf das alte, das vergangene Leben. Es scheint ganz weit
weg zu sein, eine längst vergangene Zeit, ein anderes Leben. Nicht dieses Leben. Man lernt Tag für Tag und fragt sich: Lernen die anderen auch? Oder meckern sie morgen
wieder übers Wetter? Schimpfen sie drüber das wir wieder Montag haben? Trauern einem Wochenende hinterher? „Einem Wochenende?“ Da kann ich nur Lächeln und denken
„ ihr seit sehr arm“ und doch sind sie sehr reich! Denn sie sind GESUND. Doch sie sehen ihr Glück nicht... Urteilen weiter über andere und der größte Witz ist dann, wenn
diese Menschen, die so voller Glück erfüllt sind, ihre große Liebe gefunden haben, dann sagen „also die Sandra sollte mal alles etwas positiver sehen, und nicht soviel jammern“
Ja, ich könnte mich drüber aufregen, aber das tue ich nicht. Denn dieser Mensch wird am Boden zerstört sein, wenn die Schuhe, die sie haben will, nicht mehr in ihrer
Größe da sind Sie wird am Boden zerstört sein, wenn sie erkennt. Aber wird sie hier erkennen, oder erst in der Ewigkeit? Doch vielleicht wird sie nie das erfahren. Vielleicht wird
sie nie so fühlen können. Sie wird nie einen Tag so sehen wie ich ihn sehe.... Die Frage ist an dieser Stelle, muss man das denn? Nein, sicherlich nicht. Doch wie schön wäre es,
wenn ein jeder erkennen könnte, was er hat. Welch Glück er doch hat.
Ich wünschte mir vor ein paar Tagen noch „viel Glück zu haben“. Dann ging ich mit Antje am Freitag zur Chemo. Dort lernten wir eine junge Frau kennen (Anfang 40).
Sie erzählte aus ihrem Leben. Sie hatte jung die Liebe gefunden, geheiratet und es schien alles perfekt. Doch sie wünschten sich Kinder. Unzählige künstliche
Befruchtungen folgten. Sie wurde auch schwanger, aber verlor das Kind. Ihr Mann litt unter starken Depressionen. Irgendwann konnte er nicht mehr bei ihr leben,
denn es wurde immer schlimmer. Er lebte einige Jahre in einer Klinik. Sie tat alles für diese Liebe. Eines Tages war er aus der Klinik verschwunden und sie machte sich
große Sorgen. Zwei Tage wurde er vermisst und er wurde mit einem Helikopter und Wärmebildkamera gesucht. Sie hatte keine Ruhe und fuhr mit ihrem Bruder zur
Klinik und wollte ihn suchen. Als sie dort ankam, hatten sie ihn bereits gefunden. Er hatte sich vor einen Zug geschmissen. Sie brach zusammen. Sie erzählte unter Tränen weiter,
das kurz vorher ihr geliebtes Pferd gestorben sei und sie immer zu ST. Martin mit diesem Pferd auf dem Zug mitging. Nach dem Tod ihres Mannes, ging sie mit dem Pferd ihres
Mannes weiter und führte diese Tradition, die es mit den Jahren bereits war, weiter. Dann kamen erneute Schicksalsschläge. Die Mutter wurde sehr krank. Der Vater starb
ganz plötzlich und nun hat sie Krebs.
Ich lauschte ihren Worten und ich hätte am liebsten geschrien. Mir liefen die Tränen die Wangen hinunter und in diesem Moment dachte ich „Sandi, du hast großes Glück“.
Solch schrecklicher Schmerz ist mir nie wiederfahren. Und dann dachte ich „nein, nicht du, sondern SIE hat das Glück verdient!!!!“ Ich schaute auf mich und sah mein Glück.
Meine gesunden Kinder, meine wundervolle Kindheit, meine Familie, die Urlaube, die Menschen die ich liebe und die mich lieben, und nicht zu vergessen - die He-Man Figuren,
die ich bei Ebay ersteigert habe ..... Meine Krankheit kam mir klein vor und mein Glück RIESENGROß.
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