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sandibalandi.de.tl - Tagebuch 31-6
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18.09.2012
Liebes Tagebuch!
Heute spüre ich eine unheimliche Lust zu schreiben, obwohl ich mal wieder nicht wirklich weiß was ich so schreiben soll... hmm....
Wichtig wäre doch mal, meine neue Haarlänge Nun sind es 6cm. Also die längste und am längsten gezogene Stelle
Bevor ich dieses und ein paar andere Bilder machte, zog mir nochmal die Augenbrauen nach und betrachtete mich im Spiegel, und plötzlich dachte ich "vor ein paar Wochen (Monaten) sahst du noch ganz anders aus und fühltest dich auch anders". Ich stand so in meinem Bad und schaute kurz auf den Fussboden, irgendwie erinnerte ich mich plötzlich an den Moment als ich dort vor Schmerzen lag, mich krümmte und mich übergeben musste. Wie oft saß ich auf dieser Toilette oder lag davor und wünschte es sei endlich vorbei... und nun? Es ist vorbei! Dann dachte ich an die Krankenhaus-Zeit.. wie oft sah ich mich dort im Spiegel an, malte meine Augenbrauen, zog meine blaue Mütze über meine Glatze und lächelte mich an... motivierte mich und sagte mir immerwieder "bald hast du es geschafft. Lange ist es nicht mehr und du bekommst dein altes Leben zurück. Du holst es dir zurück!"
Hier sieht man diese Mütze! Nun sind schon Haare drunter GRINS
... doch sehr oft hatte ich diese Mütze auf als ich im Krankenhaus lag, als ich daheim lag oder wo auch immer. Und wenn ich jetzt rückblicke... ich kann mich nun so sehr freuen. Ich fühle mich gut, hab Haare unter der Mütze, 6cm, und sie wachsen weiter Meine Haut erholt sich, meine Fingernägel sehen wieder normal aus, mein Zahnfleisch heilt, einige blaue Flecken verschwinden langsam, ich habe Gefühl in den Fingern und Füßen, schmecke das Essen wieder und das allerbeste ist natürlich, das ich das Essen auch bei mir behalte
Eigentlich wäre nun die Kur angesagt, doch ich hab so gar keine Lust dazu. Ich geniesse es so sehr ein ganz normales Leben mit meinen Jungs zu führen, das ich nicht unter kranke und unmotivierte Leute möchte... Ich möchte im Moment nicht das Gefühl bekommen, das ich anderen helfen möchte, das ich andere aufbauen möchte und ihnen die Hand reichen will. Ich hab es soooo lange getan und es hat auch wirklich Freude gemacht, doch nun sind meine Jungs dran! Sie freuen sich jeden Tag darüber das ihre Mama gesund ist. Das sie wieder da ist. Sie hatten schon ganz vergessen, wie es ist eine Mutter zu haben. Die da ist. Die kocht. Die daran denkt das morgen der Schwimmunterricht beginnt und die Badehose eingepackt ist. Die ein neues Schreibheft kauft und nochmal mit ihm die 9er Reihe aufsagt... Julién will mich am liebsten überall dabei haben und fragt mich: "Wir fahren zur Verkehrsschule. Kannst du mitfahren? Wir haben Sportfest. Kannst du dabei sein?" Und Jaque sagt: "Mama, kannst du nochmal in meiner Gruppe mit uns filzen? Und dann zum Essen bleiben und mich dann mit nach Hause nehmen?" Sie geniessen es... und ich erst Und egal was ich tue... immerwieder denke ich: Du bist wirklich gesund! Ich gehe lächelnd einkaufen, sogar wenn ich nur einen Euro in der Tasche hab, ich freu mich.. Ich seh mein Spiegelbild im Schaufenster, denke zwar kurz "so fett warst du noch nie in deinem Leben", aber ich weiß warum und ich LEBE! So manch einer hätte nicht gedacht das ich es bis diesen Herbst schaffe... Nein. Sie dachten es wäre im Februar vorbei mit mir. Doch ich dachte so nicht eine Sekunde. Natürlich dachte ich über den Tod und das Sterben nach, doch vorstellen konnte ich mir nicht, das ich diese Welt verlasse und meine Jungs hier zurücklasse. Ich war ein bisschen in einer anderen Welt, wie in einer Zwischenwelt... dem Himmel sehr nahe aber mit den Füßen noch fest am Boden, oder auch auf dem Boden liegend :p haha.... Doch egal wie schwer diese Zeit war, diese letzten Jahre... ich bin unendlich dankbar dafür! Ich weiß nun wer mich wirklich liebt. Wem ich wirklich etwas bedeute. Ich lernte viele Menschen kennen. Viele unterschiedliche Menschen. Und ich lernte mich kennen. Ich erinnerte mich an meine Träume, an meine Kindheit und meine Wünsche.
Ich lernte unendlich viel und manchmal denke ich "kann man denn noch mehr lernen?". Tja. Wenn ich dieses Bild betrachte.. von der kleinen Sandi.. da bin ich sehr dankbar für alles was ich in meinem Leben erleben durfte. Auch wenn viel Schmerz dabei war, durch diesen Schmerz kann ich jetzt besser atmen. Hmm... komischer Satz. "Besser atmen"... ja.. aber irgendwie beschreibt es das wirklich richtig, eben so wie ich es empfinde. Als ich heute zur Lymphdrainage rannte, weil ich zu spät war, tat am Rücken meine Lunge ziemlich weh. Es entwickelte sich ein Druck auf meinem Rücken.. Dieses Gefühl hatte ich nach den ersten Chemo's der Paclitaxel und die Ärzte sagten, es sei weil die Lungenmetastasen reagieren würden. Es könnte mir nun Angst machen das ich meine Lunge so sehr spüre, doch das tut es nicht, im Gegenteil. Ich bin mir bewusst dadrüber, was meine Lunge schon alles in sich hatte und wieder rausgeschmissen hat Ich weiß eben, was alles in meiner Lunge schon passierte. Da ist es doch kein Wunder das ich dieses Organ nun mehr spüre, oder? Und bei allem was ich spüre, lächle ich in mich hinein. Denn ich darf es spüren. Ich darf fühlen und meinen Körper spüren. Ich bin noch da! Und mit "besser atmen" meine ich dieses Fühlen! "Besser atmen" heißt für mich: Richtig Sehen! Richtig Schmecken! Richtig Fühlen!
Manchmal liegen Freude und Leid so nah beieinander
Ich teilte gerade noch einmal den Link wo es um die Hilfe für Anke Kühlmorgen geht. Sie war an Leukämie erkrankt. Mitte 30 und hatte zwei Kinder und war frisch verheiratet. Es wurde mit Hilfe guter Freunde, dem Internet und der DKMS ein Stammzellenspender für sie gesucht. Ich dachte wir müssen alle helfen und etwas tun. Ich rief,als ich das erste Mal davon gelesen hatte, direkt bei der DKMS an und fragte, wer für eine Spende in Frage kommen würde. Meine Zellen können nicht verwendet werden. Jeder der einmal an Krebs erkrankt ist, auch wenn er nun gesund ist, kann nicht spenden. Sie sah so fröhlich auf den Bildern aus und ich dachte an ihre Familie und wünschte mir, das auch sie den Krebs besiegt Leider hab ich gerade erfahren, gelesen, das sie gestorben ist. Mein herzliches Beileid für die Familie. Besonders für die Eltern, Kinder und ihrem Ehemann R.I.P. Anke Kühlmorgen
:'( Warum weine ich so sehr? Ich kannte sie nicht. Doch ich sehe immer ihren Wunsch vor mir, bei ihren Kindern zu bleiben. Ich weiß, das es ihr Wunsch war. Eine Mutter denkt als erstes an ihre Kinder ! Und wenn ich mir vorstelle, meine Kinder wären plötzlich ohne mich... nein... das will und kann ich mir nicht vorstellen. Und nun ist es aber so für Anke's Kinder und ihre Familie. Sie war auch so jung und ihre Bilder sahen so lebensfroh aus... Ich hätte sie sehr gerne kennengelernt.
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