Montag 26. Mai 2014
Liebes Tagebuch!
Mich regt es zwar auf das ich mit der neuen Art zu schreiben den Text nicht bearbeiten kann, sprich die Schrift, Schriftgröße und neuerdings auch keinen Absatz mehr rein kriege, aber ich hoffe das ich irgendwann mal an einen richtigen Rechner darf, um das wieder richtig zu machen
Nun bin ich erstmal froh, das ich überhaupt schreiben kann
Heute war zwar ein ganz normaler Tag, aber gerade diese "normalen" Tage sind die Besonderen. Heute morgen kroßte ich schon in den Schränken rum und sortierte alte Kleidung aus. Dann musste ich noch etwas für die Kinderpsychologin ausfüllen. Danach malte ich mir wie immer ein Gesicht, sprich zwei Augenbraun und Wimpern... ja, richtig gelesen, ich male mir Wimpern, das geht wirklich
dann setzte ich mir meine blonde Frisur auf und fuhr meinen kleinen von der Schule abholen. Danach mussten wir gleich zur Kinderpsychologin. Diese wollte heute zur Hälfte mit mir und zur Hälfte mit Jaque sprechen. Zuerst war ich dran und es kam erstaunliches dabei heraus. Na ja, eigentlich ist es eher nicht erstaunlich, sondern eher normal, doch von einer Kinderpsychologin ausgesprochen, kommt es doch anders bei einem an, als wenn man bestimmte Gedanke versucht zu verdrängen. Vielleicht denken nun manche die das lesen, "warum schreibt sie das nun hier rein?" , viele denken bestimmt "zu privat", " und das so öffentlich" ... ich weiß mittlerweile wieviele , es sind Hunderte, die es lesen, das da einige dabei sind, die manches "Falsch finden" oder "zu öffentlich" oder sie erzählen entsetzt "wie konnte sie das schreiben?" , "unmöglich"... Gerne darf jeder seine Meinung dazu haben, jedoch muss ich sagen MIR IST DAS VÖLLIG EGAL!!!!! Es ist MEIN TAGEBUCH und wenn jemand nicht damit klar kommt, dann muss er oder sie es nicht lesen
Ich denke bei meinem freien Schreiben auch an die vielen, die auch schwer krank sind, und besonders sie haben ein Recht auf Ehrlichkeit und Realität. Gerade jetzt wo ich in einer Gruppe im Internet gelandet bin, ich wurde aufgegabelt, wo nur junge Frauen mit Brustkrebs mit Mietnomaden sind, und ich dort sovieles von der Wahrheit und den Sorgen, ja leider auch dem Tod mitbekomme, denke ich , möchte ich weiter ehrlich schreiben, genauso wie ich empfinde!
Also gut. Weiter nun im Takt. Ich sprach also mit der Psychologin. Wir nennen sie immer Spielarzt, denn dort wird gespielt
Und dabei öffnen sich die Kinder, das eine früher, das andere später oder wenn man Pech hat, eben gar nicht. Ich erfuhr das sich mein Kind schwer damit tut, aber dennoch konnte sie schon viel in Erfahrung bringen, was sein Seelenleben betrifft. Daraufhin musste sie mich jetzt fragen, wie meine Prognose denn wäre, und wie es gerade aussieht. Denn mein Sohn denkt, das er bald ohne Mama sein wird. Im Spiel spielt er immer, das dort Familien oder Kinder sind, dessen Mama gestorben ist und er redet davon " wenn Mama nicht mehr da ist...." :`( Es ist traurig, aber es ist nun mal Realität. Die Ärztin, so nenn ich sie jetzt mal, sagte aber, das es gut wäre, das er es spielt... Und für sie wäre klar, das sein größtes Problem das sei, nicht zu wissen was dann mit ihm ist, wenn Mama stirbt. Das ist seine Angst. Und das kann ich mehr als nur verstehen. Denn das ist auch meine Angst. Ich weiß das meine Familie die Kinder liebt und es gibt auch einen Plan was dann ist... Doch eine Mutter macht sich trotzdem Sorgen und eine Mutter kann nicht ersetzt werden. Natürlich macht mich das unendlich traurig ums Herze, aber zu sehr lasse ich es nicht an mich heran. Die Ärztin fragte wie gesagt nach meiner Prognose, denn sie hätte das Gefühl das Jaque denkt, es würde bald passieren. Deshalb fragte sie nun genau nach meiner Krankheit. Ich erzählte von den letzten vier Jahren und dabei wurde mir bewusst, besonders in ihren Blicken dabei, was da eigentlich alles passiert war. Schon als sie fragte: Ist das nun die zweite Chemo oder die wievielte?
Ich wünschte, sie hätte diese Frage nicht gestellt. :/ Gerade jetzt wo ich es schreibe, sehe ich mich immer und immer wieder auf diesem Stuhl da sitzen, den Beutel mit Gift im Blick und dem Gedanken nach Hause zu gehen, dem Gedanken und dem Wunsch das es wirkt, das es für laaaaange Zeit wirkt.....
Jetzt hab ich einen Blackout. Meine Finger stockten gerade und ich musste einen Kloß im Hals runter schlucken. Mir wurde soeben bewusst, was ich die letzten Jahre getan habe und nicht getan habe. Ich lebte zwar, aber ich habe nicht gelebt........ hört sich bekloppt an, aber irgendwie ist es so. Oder hab ich doch gelebt? Manchmal wie in einer unwirklichen Blase... doch gerade fallen mir die vielen schönen Dinge ein die ich erlebte. Ich kann zwar keinen Urlaub, einen Flug, ein Fussballspiel oder nen mega Ding aufzählen, aber ich kann besseres sagen... Ich habe MEINE KINDER ERLEBT.
Nun laufen mir ein paar Glückstränchen der Dankbarkeit über die Wangen. Denn schließlich hätten die Ärzte auch Recht haben können, und dann wäre ich im Februar 2012 nicht mehr hier gewesen. Ha, gerade dachte ich, uuuhhh.. ich hätte mir so einige Verletzungen ersparen können indem ich einfach gegangen wäre... Dennoch wollte ich nicht gehen und ich will es immernoch nicht. Somit muss man mich weiter ertragen
Jedoch hab ich die Verletzungen gerne in Kauf genommen. Denn ich konnte bei der Einschulung meiner Söhne dabeisein. Geburtstage mit ihnen erleben, Weihnachten, sogar einen Umzug schafften wir gemeinsam mit Hilfe, wir wuchsen zusammen und lieben uns mehr denn je... In den letzten Monaten haben wir viel dazu gelernt. Wir lernten was wirklich wichtig ist. Vielleicht etwas, was manche in ihrem ganzen Leben niemals lernen. Wir schätzen den Tag, den Moment und den Augenblick so, als sei es der Letzte. Ich brachte beide eben zu Bett, auch das ist für mich ein ganz besonderer Moment, denn weiß ich was morgen ist? Weißt du es? Und ich frag mich später im Bett immer, sind sie glücklich und in Geborgenheit eingeschlafen? Ich kann es oft nicht vermeiden das sie mit Sorgen einschlafen, denn es kommen auch Tage, wo ich nur ein kurzes Gebet sprechen kann, weil ich mich danach schnell wieder hinlegen muss. Und heute war es so, das sie ganz fröhlich waren und es nicht abwarten konnten, mir von ihrem Tag zu erzählen. Denn meistens fallen ihnen Abends noch die wichtigsten Dinge ein, die sie erlebten. Wie zum Beispiel der Feueralarm heute beim Jaque in der Schule. Sein erster den er erlebte. Er dachte er müsste jetzt aus dem Fenster springen weil es hinter der Türe brennt. Ich fand Feueralarm immer cool, weil wir dann mitten im Unterricht raus konnten und man seine Freunde aus der Paralellklasse traf
hihi.... Der große erzählte von Mädchen die ihn immer ärgern würden und sie würden ihn schlagen und er dürfte sich nicht wehren, weil seine Mama, also ich
gesagt hatte, er dürfte keine Mädchen schlagen. Tja Jung... ich sagte ihm das diese Mädchen ihn toll finden würden und sie deshalb immer hinter ihm her wären. Er schaute erschrocken und sagte: Häääää???? Wenn ich jemanden mag dann haue ich den doch nicht. Und ich sagte: Tja, so ist das Leben, Frauen versteht man nicht!!! Und kleine Mädchen erstrecht nicht! Finde dich damit ab. Es gibt eben Dinge auf dieser Welt, die kann man nicht ändern
Nun ja... ich brachte sie also ins Bett und als ich beten wollte, konnten sie das Lachen gerade nicht aufhören. Das passierte noch nie. Sonst ist es immer so, das ich sage: SO, nun beten wir! Dann sind sie sofort leise, falte die Hände, schließen die Augen und sind ganz ruhig und bewegen sich kein Stück. Dieses Mal konnten sie nicht aufhören zu lachen und ich sagte, ok, dann betet einer von euch! UH, da hatte ich was gesagt. Da war sie nun, die Ruhe die ich wollte. Und Jaque setzte sich gerade hin und sagte: ok, ich bete! Wir falteten unsere Hände, schlossen die Augen und ..... Jaque sagte leise: Äh Mama... wie fange ich denn an? Und ich sagte: Du sprichst jetzt mit dem lieben Gott, sei dir darüber bewusst mit wem du jetzt sprichst und dann kannst du damit anfangen das du sagst "Lieber Gott" zum Beispiel. Ok.... Er wurde innerlich noch ruhiger und war hochkonzentriert
Es war wirklich schön. Und er sagte: Lieber himmlischer Vater... Bitte mach die Mama wieder gesund, und das sie ihren Arm wieder bewegen kann und das morgen kein Feueralarm in der Schule ist. Amen. ............... Das wundervollste Gebet was ich je hörte
Und er war sichtlich stolz auf sich und ich erklärte ihm, das Gott der jenige ist, dem er immer alles sagen kann und zu jeder Zeit. Es war schön seine Erleichterung in seinen Augen zu sehen. Ich glaube er war froh, das er selbst dem lieben Gott gesagt hatte, das er die Mama gesund machen soll. Oft fragen mich die Kinder: Kann der liebe Gott fliegen? Kann er zaubern? Kann er..... Nehmen wir unser Auto mit in den Himmel? etc etc. Und ich sag immer: Bei Gott ist alles Möglich. Aber er macht nicht immer das was wir uns wünschen. Oft geschehen Dinge die wir nicht verstehen, aber irgendwann sehen wir, warum es so sein sollte.
Für mich ist das Wichtigste das sie nie ihren Glauben verlieren und er immer größer wird. Denn ich weiß von mir selbst, ohne meine Glauben, hätte ich vieles nicht geschafft. Ich wurde als 12 jährige regelmäßig auf dem Schulweg abgefangen und verprügelt von fünf größeren Punkern. Und in der Schule gab es eine Zeit, da stürzten sich alle Jungs auf mich und betatschten mich. Beim Fussball, mit 15/16, wurde ich einmal fast vergewaltigt, weil ich unbedingt alleine nach Bremen mitten in der Woche wollte, ohne Begleitung im Zug. Auch wenn blaue Augen , Schürfwunden, oder angebrochene Rippen von den Essner Hools dazu kamen... in jeder dieser Situationen dachte ich an Gott. Und ich weiß noch genau, als ich mir ein Herz fasste und es Abends meinen Eltern erzählte, das ich auf dem Schulweg immer verprügelt werden würde.... Sie schauten mich so sorgenvoll an und so ratlos... und ich sagte: Aber es ist nicht so schlimm, ich denke dann immer daran, das ich vom lieben Gott beschützt werde. Schon da waren meine Eltern sprachlos. Aber jeden Abend als ich im Bett lag und drüber nach dachte, und die Situation durchspielte, wie sie wieder in mich reintreten würden und ich am Boden liege, das ich dann nur fest an Gott denken müsste und alles würde gut werden. Und so war es, es wurde gut! Ich stand es durch, und nur das war mir wichtig. Ich fragte nicht, warum passiert mir das jetzt? Nein. Ich wollte nur die Kraft haben es durchzustehen. Vielleicht habe ich auch da schon fürs Leben gelernt... Dennoch lernt man nie aus. Ich hab mir schon den Kopf drüber zerbrochen, wie ich meinen Nachbarn helfen könnte... Hmm... aber ich komm nicht drauf. Ich höre ja all ihre Probleme, sie schreit sie ja tagtäglich ins Haus hinaus... aber diese kann ich nicht für sie lösen. Auch sah ich am Wochenende wieder Menschen, tja, ach... dessen Probleme hätte ich sooooo gerne, jedoch sind sie damit völlig überfordert und müssen dann dem schwächsten in der Runde das Leben noch schwerer machen. Aber wieso ticken Menschen so . Wieso wird der Neid immer größer? Wieso finden manche Menschen es toll, nochmal nachzutreten wenn jemand schon blutend zu Boden liegt? Ich lernte mal eine Schlägertruppe kennen die sagten: Aber sobald jemand am Boden liegt, tritt man nicht noch hinterher! Und das aus dem Munde von diesen Schlägern. Es war zwar schlimm das sie sich überhaupt rumschlagen mussten, doch dennoch wussten sie wann es Zeit war aufzuhören. Doch das weiß manch "normaler" Mensch nicht. Die Schläge in eine Seele sind viel beschissener als die körperlichen. Huch... was ist mir denn da für ein Wort entfleucht???
Entschuldigen sie bitte meine Ausdrucksweise! Aber es ist doch so. Wieso achten die Menschen sich so wenig und stellen sich selbst an erster Stelle? Tja, ich weiß es nicht und das soll auch nicht mein letzter Gedanke heute sein. Mein letzter Gedanke ist heute glaub ich: Wo ist diese blöde Mücke? Komischer Weise stechen die Viecher mich wie irre. Danach fallen ihnen sicherlich die Haare und Augenbraun aus und sie übergeben sich , bis sie dann am Chemoblut von Sandi sterben
Hmm... die falsche gestochen mein Freund, aber vielleicht gibt es ja nen Mückenhimmel für dich
Morgen früh gehts nun zur nächsten Ladung Gift. Also werde ich nun rasch meine Tabletten nehmen und die Nacht ohne Schmerzen geniessen. Gute Nacht Welt :*